Während meiner ehrenamtlichen Tätigkeit Anfang der 90er Jahre als Vorstandsmitglied des Münchener Rennvereins war ich mit der Durchführung von Rennveranstaltungen, der Anwerbung von Sponsoren und Verwaltungsaufgaben betreut. Im Rahmen dieser Tätigkeit wurde ich zuweilen auch mit scheinbar unlösbaren Problemen konfrontiert. Doch welche Umstände entscheiden über Erfolg oder Misserfolg im Rennsport und im übertragenen Sinne auch in unserer Gesellschaft?
Das Interesse für Gewinner war schon immer groß. Das Erfolgserlebnis der Eigner, Züchter und des jeweiligen Umfeldes ist oftmals unbeschreiblich überwältigend. Was aber, wenn sich die Erfolgsserie dem Ende nähert, wenn sich eines dieser Pferde verletzt oder ganz einfach in die Jahre kommt? Kurz gesagt: Wo bleiben die Verlierer?
Dies ist nicht nur eine Frage im Rennsport, sie betrifft eigentlich alle Akteure in unserer Leistungsgesellschaft. Bereits unsere Kinder, deren grundsätzlicher Einsatz von allen Beteiligten erwartet wird, geraten unter enormen Erfolgsdruck. Nicht immer sind sie diesem gewachsen.
Obwohl ich mich beruflich mit anders gelagerten Untersuchungen und Entwicklungen für ein neues Verfahren zur Erzeugung von Strom, Wasserstoff und Wärme aus Biomasse (sog. ELECTRO-FARMING™-Verfahren) beschäftige, ergab sich eine direkte Verbindung zu den Pferden. Es handelt sich hier um die Entwicklung und Prüfungen von Zwischenprodukten aus C4-Gräsern (Miscanthus), in diesem Fall um Tiereinstreu aus nachwachsenden Rohstoffen, die nach Gebrauch als Dünger oder zur Energieerzeugung im ELECTRO-FARMING™Prozess verwertet werden können. Bei der Durchführung verschiedener Testreihen in Pferdestallungen und der dadurch bedingten täglichen Pflege und dem Umgang mit sensiblen Vollblutpferden unter anderem auch durch die Unterstützung der Kinder, bekam dieses Projekt eine weitere Bedeutung. Hier zeigte sich sehr schnell und deutlich, wie unterschiedliche Aufgabenstellungen durch Synergien positiv zu lösen sind. Diese Erkenntnis führte im Jahre 2000 zu der Gründung eines Vereins „EF ELECTRO-FARMING Kinderförderung e.V.“
(YouTube-Video Pfingstferienprogramm 2001)
Der Aufbau dieser Gemeinschaft wurde gemeinsam mit den Kindern bewältigt. Man spürt den Erfolg und die Veränderungen bei den oft so falsch beurteilten „Rennpferden“, die sich durch die Liebe und der täglichen Pflege der Kinder als gelehrig, nervenstark und sehr verlässlich zeigen.
Es lassen sich aufgrund der eindrucksvollen Erfahrungen und Ergebnisse in den letzten Jahren, im Umgang auch mit körperbehinderten und psychosomatisch erkrankten Kindern weitere Aktionen einleiten. Es gibt viele Ideen, bis hin zur Eingliederung und Betreuung von hyperaktiven oder autistisch veranlagten Kindern in die einzelnen Gruppen. Besuche von Rentnern, Menschen aus Altenheimen zur „Erlebnis- und Erzählstunde“. Kleine Gruppen mit Müttern und Kleinkindern, Ruhe und Geborgenheit für Erwachsene, die sich in vorübergehenden Stress-Situationen befinden und vieles mehr.
Als sinnvolle Freizeitgestaltung lassen sich Veranstaltungen und Wettbewerbe mit Jugendlichen organisieren (Junior-Cup Saarland), die z. B. ihren Landkreis oder ihr Bundesland vertreten, oder auch nur einen Beitrag an offiziellen Renntagen einbringen. Schnell entwickelt sich das Interesse bei den Kindern und Jugendlichen, das Erlernte vorstellen zu können.
Vielleicht ergeben sich dadurch Anregungen im Bereich des mit Krisen geschüttelten Rennsportes in der Zusammenarbeit mit weiteren Kinder- und Jugendsport-Einrichtungen und Schulen als mögliche Lehrstätten. Durch die Fortführung weiterer Projekte kann man die Gesellschaft informieren und interessierte Personen und/oder Firmen zur Erhaltung dieser wunderschönen Tiere anregen und über Patenschaften mit einbinden. In jedem Fall sollte dieses Konzept immer in Verbindung mit einer Jugendsport- und Freizeitförderung gesehen werden, wie bei grundsätzlich ähnlichen und bereits erfolgreichen Einrichtungen mit anderen Jugendsportarten.
Doch nicht nur Kinder kommen in den Genuss mit unseren Helden in Kontakt zu kommen. Seit 2015 sind unsere Helden im Einsatz bei Workshops und Trainings für Erwachsene. Als Co-Trainer geben sie in den praktischen Übungen ihre Rückmeldung zu Persönlichkeit, Kommunikation, Teamkompetenz und Führungsstärke der Teilnehmer. Die Pferde zeigen freie Reaktionen und geben damit individuelle und aufschlussreiche Informationen für die Menschen, mit denen sie arbeiten.
In der Fortsetzung wurde dazu Ende 2015 gemeinsam mit privaten Gesellschaftern die Renn-Pferde Boomerang gGmbH als gemeinnützige Gesellschaft gegründet.
Die Besonderheit im Vergleich zu anderen Trainingskonzepten, sportlichen Aktivitäten und Freizeitgestaltungen bleiben natürlich „unsere Helden“, die allseits geliebten und hervorragend kommunizierenden Vollblutpferde aus dem Rennsport.
H. Gallin-Ast – 2000 / 2016